Castris in finibus Westfalaorum - Das neue Burgenprojekt der Altertums- kommission
Die „Westfalaos“, also die Westfalen, werden im Zusammenhang mit den Sachsenkriegen Karls des Großen in den Fränkischen Reichsannalen erstmals erwähnt. Als umkämpfte Orte werden vor allem Burgen genannt. Diese waren immer Machtzentren. Ihr Bau und Unterhalt erfordert hierarchische Strukturen und wirtschaftliches Potenzial. Bis auf wenige genannte Befestigungen ist aber über die Schriftquellen kaum etwas zur Strukturierung der vielfältigen Region bekannt.
Die jeweilige örtliche Zuweisung der in den Schriftquellen genannten Burgen ist zum Teil nicht gesichert. Zahlreiche weitere frühmittelalterliche Burgen sind bekannt und könnten zum Teil ebenfalls mit den genannten Anlagen identifiziert werden. Sie verdichten in jedem Fall das Netz der Befestigungen zur Zeit der Sachsenkriege.
In dem Projekt soll erforscht werden, auf welche geografisch-politischen Verhältnisse Karl der Große ab 772 n. Chr. traf, also wo tatsächlich die regionalen Machthaber derjenigen saßen, die seine Schreiber mit „Westfalaos“ bezeichneten.
Bei den meisten frühmittelalterlichen Anlagen sind die bisherigen Kenntnisse zur Zeitstellung noch zu ungenau. Hier sind nun neuere und genauere Methoden einsetzbar, vor allem 14C-Analysen, die anhand von Holzkohleproben aus systematischen Bohrkern-untersuchungen gewonnen werden sollen.
Neben Bohrungen sollen zudem auch computergestützte Methoden und gezielte, kleinräumige Ausgrabungen neue Erkenntnisse zu den 30 für das Projekt ausgewählten Befestigungsanlagen erbringen.
Ein weitere Kernaspekt des Projektes ist die Zusammenarbeit mit lizensierten Sondengehenden, um datierungsrelevante Funde zu bergen.
Methoden
Rammkernsondierungen
In jeder der ausgewählten Wallburgen werden Rammkernsondierungen in den Wällen durchgeführt. Dazu wird eine Sondierstange mit einem Durchmesser von 5 cm mittels eines motorgetriebenen Geräts bis zu 3 m tief in den Wallkörper getrieben. Im Anschluss wird das Sondiergestänge aus dem Boden gezogen und der Kern untersucht und dokumentiert. Ziel ist neben der Klärung des Wallaufbaus die Gewinnung von Holzkohlenproben. Diese können im Anschluss in einem externen Labor mit Hilfe der Radiokarbonmethode (14-C) datiert werden. So erhalten wir Anhaltspunkte für eine genaue Datierung des Walles. Die Methode ist minimalinvasiv und verursacht keine nachhaltige Schädigung der Wallsubstanz und ist daher bestens für die Untersuchung der Anlagen geeignet.
Ausgrabungen
In einem geringen Maße werden gezielte kleinflächige Ausgrabungen an den Wällen ausgewählter Anlagen durchgeführt. Dazu werden primär alte, noch offen liegende Wallschnitte erneut geöffnet, um die Ergebnisse der Altgrabungen zu überprüfen. Zudem können so im Idealfall stratifizierte Holzkohlenproben aus den unterschiedlichen Wallschichten für die naturwissenschaftliche Analyse und Datierung gewonnen werden. Da keine neuen Schnitte angelegt werden, sondern lediglich Altgrabungen erneut geöffnet werden, finden nahezu keine Beschädigungen an der erhaltenen Denkmalsubstanz statt.
Geophysikalische Prospektion
In ausgewählten Wallburgen werden in Kooperation mit der LWL-Archäologie für Westfalen geophysikalische Prospektionen durchgeführt. Dabei kommen sowohl Geomagnetik als auch Georadar zum Einsatz. Mit beiden Methoden kann ein Blick in die Erde geworfen werden, ohne dass die entsprechenden Flächen geöffnet werden müssen. Diese non-invasiven Methoden ermöglichen es, Spuren der Innenbebauung der Anlagen nachzuweisen. Sie dienen unter anderem als Grundlage für gezielte Rammkernsondierungen oder auch kleinstflächige Ausgrabungen. Bei geeigneten Bedingungen können auf diese Weise auch große Flächen von mehreren hundert Quadratmetern in kurzer Zeit untersucht werden.