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Plan der Eresburg von 1900 (v. Oppermann/Schuchhardt, Atlas vorgeschichtlicher Befestigungen in Niedersachsen 1888-1916 (Hannover 1916).)

Die Eresburg, Marsberg-Obermarsberg

Die Eresburg, eine aus karolingischen Schriftquellen bekannte, sächsisch-fränkische Befestigungsanlage, wird auf dem Tafelberg bei Marsberg lokalisiert, auf dem sich der heutige Stadtteil Obermarsberg befindet. Das etwa spitzovale Bergplateau von 380 bis 405 m Höhe ü. NN umfasst eine Fläche von 23,75 ha. Dabei ist der höchste Bereich der Siedlungsfläche im Norden als Kuppe mit einer Größe von etwa 4,5 ha ausgebildet, an deren höchsten Stelle im Nordosten die alte Stiftskirche steht. Im Westen wird der Berg von der Diemel, im Osten von der Glinde eingerahmt, ein natürlicher Zugang zum Plateau besteht über einen schmalen Sattel im Süden.

Die Eresburg wird in den Schriftquellen mit dem Standort eines wichtigen sächsischen Heiligtums, der „Ermensul/Irminsul“, gleichgesetzt. Daher war sie von zentraler Bedeutung und zwischen den Sachsen und Franken stark umkämpft. Bislang konnten allerdings keine Spuren einer frühmittelalterlichen Befestigung auf dem Tafelberg nachgewiesen werden. Zusätzlich liegt der Berg in einem wichtigen Bergbau- und Verhüttungsrevier von Kupfer- und Eisenerz und gilt als wichtiges Produktionszentrum, vor allem von Eisenwaren.

Eine erste Vermessung des Bergplateaus und der erhaltenen, hochmittelalterlichen Befestigungsreste wurde 1900 durchgeführt. In den folgenden Jahrzehnten kam es schließlich immer wieder zu baubegleitenden Maßnahmen, so beispielsweise in den 1930er-Jahren in der Stiftskirche und ab den 1970er-Jahren verstärkt auch auf Privatgrundstücken. Im Jahre 2015 gelang dabei der erste gesicherte Nachweis frühmittelalterlicher Befunde.

Nähere Informationen zur Anlage

Vorgeschichtliche Befunde in Obermarsberg

Vorgeschichtliche Befunde konnten im südlichen Bereich der höchsten Geländekuppe durch die Grabungen von Anton Doms im Jahre 1979 erfasst werden. Unterhalb von mittelalterlichen Baubefunden konnten mehrere Reihen von Pfostengruben sowie Brandschichten aufgedeckt werden.

Für diese liegen zwar unterschiedliche Interpretationen vor, als sicher gilt allerdings, dass zumindest die vordere Pfostenreihe zu einer ehemaligen Befestigung gehört, der auch der vorgelagerte Graben zugewiesen werden kann. Sie war vermutlich als Pfostenschlitzmauer, eventuell mit Verblendung aus Trockenmauerwerk, ausgeführt und wurde zumindest einmal durch ein Brandereignis zerstört. Die dahinterliegenden Pfosten können nicht eindeutig erklärt werden, sie gehören entweder zu mehreren Phasen der Innenbebauung, zu einer weiteren, nach der Pfostenschlitzmauer angelegten Befestigung oder gar zu ein und demselben Befestigungswerk.

Im Jahre 2001 durchgeführte Radiokarbondatierungen von Holzkohleresten aus den Pfostengruben datieren diese eindeutig in die vorrömische Eisenzeit.

Umzeichnung der Grabungsbefunde von Doms von 1979 (LWL-Archäologie für Westfalen/E. Cichy).

Grabungen in der Stiftskirche

Erste Grabungen in der Stiftskirche fanden 1937 statt. Bei erneuten Renovierungsmaßnahmen wurden in den 1990er-Jahren zunächst partielle Grabungen durchgeführt, die im Anschluss aber auf die gesamte Fläche der Kirche ausgeweitet wurden.

Dabei wurden Strukturen und Funde aufgedeckt, die bereits neolithische, eisenzeitliche und römische Aktivität im Kirchenbereich anzeigen. Auch frühgeschichtliche Siedlungsaktivität im 7. und 8. Jahrhundert kann aufgrund dieser für das Areal angenommen werden.

Die ältesten Befunde im sakralen Kontext stellen einige, teilweise geostete Körpergräber dar, die im nordöstlichen Bereich des Seitenschiffes sowie im Turmbereich untersucht werden konnten. Sie stammen aus dem 8. beziehungsweise 9. Jahrhundert. Für diese Zeit wird auch ein Kirchenbau im östlichen Bereich der heutigen Kirche angenommen, der aber nicht nachgewiesen ist. Der früheste sichere Sakralbau stammt aus dem frühen 9. Jahrhundert und wurde im Westteil der Stiftskirche aufgefunden. Es handelte sich dabei ehemals um ein dreischiffiges Langhaus mit vorgesetztem, dreischiffigen Westbau. Dieser wurde im Folgenden zweimal gen Westen erweitert, bevor die westlichen Vorbauten im 11. oder 12. Jahrhundert durch eine Doppelturmfassade ersetzt wurden. Später wurden weitere Veränderungen am Langhaus durchgeführt, bevor die Kirche im 13. Jahrhundert ihre heutige Hallenform erhielt. Der Westturm ersetzte die Doppelturmfassade wohl im 15. Jahrhundert.

Phasenplan der Grabungen in der Stiftskirche nach G. Isenberg, M. 1:200 (G. Isenberg sowie LWL-Archäologie für Westfalen/A. Müller).

Weitere Grabungen und Oberflächenfunde

Wichtige Erkenntnisse zur Geschichte von Obermarsberg erbrachten erneut die 1979 von Anton Doms durchgeführten Grabungen. Diese legten die Mauerfundamente und Fußböden eines Gebäudekomplexes des 13. bis 14. Jahrhunderts frei, der aufgrund aufgefundener Hammerköpfe in den Kontext der Metallbearbeitung gestellt werden kann.

Weitere erwähnenswerte Ergebnisse erbrachten baubegleitende Untersuchungen am Südrand des Bergsporns, die ein über 50 m² großes Gebäude nachwiesen, welches in das 13. und 14. Jahrhundert datiert werden konnte. Ganz in der Nähe wurden zuvor Reste der mittelalterlichen Stadtbefestigung dokumentiert. Die 2,50 m breite, in Schalenbauweise errichtete Mauer datiert ins 12. Jahrhundert und wurde in späterer Zeit ausgebessert, wie die Befunde erkennen lassen. Zur Stadtbefestigung gehören zudem Reste eines zu einem Wasserturm ergänzten Turmes, der Buttenturm im Norden und der mittlerweile abgerissene Pulverturm im Süden von Obermarsberg.

Wichtige Erkenntnisse und den ersten Nachweis von frühmittelalterlichen Mauerbefunden erbrachten 2015 Grabungen im äußersten Nordosten der Stadt, bei denen umgelagerte Schutt- und Kulturschichten beobachtet wurden. Die Radiokarbondatierung einer Rotlehm- und einer Holzkohleschicht erbrachten Daten zwischen 667 und 890 n. Chr. und somit eine frühmittelalterliche Zeitstellung. Damit sind die Zerstörungsschichten eventuell mit den Sachsenkriegen gleichzusetzen.

Oberflächenfunde aus Obermarsberg machen eine nahezu durchgängige Besiedlung des Gebietes spätestens ab dem 9. Jahrhundert glaubhaft und betonen aufgrund der oft aufgefundenen Reste von Rüstungsgegenständen die Bedeutung dieser Industrie vor Ort.

Umzeichnung der Grabungspläne von Doms von 1979, Planum 1-3 (LWL-Archäologie für Westfalen/E. Cichy).

Literatur

E. Cichy, Die Eresburg, Marsberg-Obermarsberg, Hochsauerlandkreis. Frühe Burgen in Westfalen 36 ²(Münster 2016).

Weiterführende Literaturauswahl

D. Bérenger, Die eisenzeitliche Höhenbefestigung von Obermarsberg. Archäologie in Ostwestfalen 6, 2001, 28-32.

A. Doms, Marsberg-Obermarsberg. Neujahrsgruß 1980, 1980, 41-43.

C. Kneppe, Integration und Abgrenzung. Die Entwicklung des Stadtgebiets von Marsberg im Mittelalter. In: Marsberger Heimatbund e.V. (Hg.), Marsberg Horhusen: Stadtgeschichte aus 11 Jahrhunderten (Marsberg 2000) 171-193.

S. Krabath, Bergbau und Metallurgie im Raum Marsberg aus archäologischer Sicht mit einem Exkurs zu der mittelalterlichen Produktion von Ringpanzern in Obermarsberg. In: Marsberger Heimatbund e.V. (Hg.), Marsberg Horhusen: Stadtgeschichte aus 11 Jahrhunderten (Marsberg 2000) 417-448.

H.-G. Stephan, Die Siedlungsgeschichte von Marsberg-Horhusen im Mittelalter und der frühen Neuzeit. In: Marsberger Heimatbund e.V. (Hg.), Marsberg Horhusen: Stadtgeschichte aus 11 Jahrhunderten (Marsberg 2000) 15-79.