Die Wallburg auf dem Tönsberg bei Oerlinghausen
Die Wallburg liegt etwa 2,3 km südöstlich von Oerlinghausen, auf dem Kamm des Tönsberges. Dieser gehört zur Hauptkette des Teutoburger Waldes und trennt das lippische Hügelland von der Sandebene der Senne. Die Hänge des Berges fallen nach allen Seiten hin relativ steil ab, nur im Nordwesten sind sie flacher. Unmittelbar unterhalb des Südosthanges verläuft eine wichtige Passstraße durch die Wistinghauser Schlucht, die durch die Wallburg kontrolliert werden konnte.
Bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts war der Tönsberg Bestandteil von heimatkundlichen Beschreibungen. Ein erster Plan der Wallbefestigung wurde schließlich 1878 vorgelegt, zu ersten archäologischen Ausgrabungen kam es in den 1890er-Jahren. Überprüft und erweitert wurden diese durch Friedrich Hohenschwert, der ab 1968 regelmäßig Untersuchungen innerhalb der Wallburg anstellte. Aufgrund von Beschädigungen der Anlagen wurden in den 1990er-Jahren Teilbereiche erneut untersucht. In den Jahren 2005/2006 erfolgten schließlich die geophysikalische Prospektion einer Teilfläche in der nordwestlichen Ecke der Befestigungsanlage und eine Neuvermessung des gesamten Bodendenkmals im Auftrag der Altertumskommission für Westfalen.
Seit 1998 ist die Wallanlage und ihre Umgebung eine archäologische und biologische Schutzzone mit einer daran angepassten Wegeführung.
Nähere Informationen zur Anlage
Aufbau
Die Anlage besteht aus einem Wall mit einer Innenfläche von 7 ha, der den gesamten Bergsporn umschließt. Da dieser im Südwesten den Berghang hinunterzieht, um eine Quelle mit einzuschließen, hat die Wallburg insgesamt eine etwa keilförmige Gestalt. Im Nordosten, wo der einzige natürliche Zugang zum Tönsberg besteht, ist der Wall als Abschnittswall ausgeführt. Ein weiterer Abschnittswall trennt im Südosten ein kleineres, etwa 1,5 ha großes Kernwerk von der Gesamtanlage ab, in dem sich die Ruinen der sogenannten Hünenkirche befinden. Die Anlage besitzt insgesamt drei Tore, von denen zwei im Außenwall zu finden sind. Sie liegen im Nordosten und mittig im Süden. Das dritte Tor stellt den Zugang zum Kernwerk her und liegt mittig im inneren Abschnittswall. Im Süden sind dem Ringwall zusätzlich Terrassenkanten, Wälle und Gräben vorgelagert, sodass die Gesamtfläche der Wallburg auf dem Tönsberg 15 ha beträgt.
Bauphasen & Bauweise
Die Wälle waren zunächst als Holz-Erde-Konstruktion errichtet. Dazu wurden hinter senkrechten Pfosten weitere Hölzer waagerecht gestapelt, um dahinter eine Erdrampe aufzuschütten. Dieser Konstruktion, die durch einen Brand zerstört wurde, war ein Graben vorgelagert.
Sie wurde bald durch eine Trockenmauer aus plattigen Sandsteinen mit dahinter angelegter Erdrampe und einer Brustwehr aus Holz ersetzt. Für die Errichtung dieser Verteidigungslinie wurde eine künstliche Terrasse angelegt, sodass sie von außen eine Höhe von fast vier Metern aufwies.
Die dritte Bauphase trennte das Kernwerk von der Gesamtanlage ab. Dies geschah durch einen breiten Abschnittswall mit Steinvorblendung und vorgelagertem Außengraben. Der Zugang wird durch einziehende Wallenden gekennzeichnet. Zusätzlich wurde in dieser Phase der südliche Außenwall im Bereich des Kernwerkes erhöht.
In einer weiteren Phase wurde der westliche Wall durch eine etwa 1,50 m mächtige, zweischalige Mörtelmauer verstärkt. Gleichzeitig wurden die beiden Durchlässe im Außenwall zu gemörtelten Kammertoren ausgebaut. In diese Phase datiert wahrscheinlich auch das östlich des Nordwesttores gelegene, gemörtelte Steingebäude mit zweiteiligem Innenraum von 131 m².
Die sogenannte Hünenkapelle im Südosten der Anlage steht in keinem Bezug zu den Befestigungen und wurde erst später errichtet.
Funde & Datierung
In die Zeit vor der Errichtung der Befestigungen fallen einige Steinartefakte und weitere Lesefunde.
Die Untersuchungen an den Wallstrukturen des Tönsberges erbrachten nur wenig datierbares Material. Primär handelt es sich bei den Funden um Keramik, allerdings gibt es auch einige wenige Metallfunde. Hier wäre beispielsweise das Fragment einer Nauheimer Fibel zu nennen. Als besonderer Lesefund kam 2007 eine Glasperle hinzu.
Die Keramikfunde, die mit den ersten beiden Bauphasen in Verbindung stehen, können in die späte Eisenzeit datiert werden. Dies korrespondiert mit den Radiokarbondatierungen von Holzkohlefragmenten, die diese Bauphasen ebenfalls in die Eisenzeit, genauer in das 4. bis 1. Jahrhundert v. Chr., einordnen. Demzufolge war die Anlage wohl kontinuierlich besiedelt.
Die beiden übrigen Bauphasen lassen sich leider nur anhand von Vergleichen mit anderen Anlagen näherungsweise datieren. Die Art des Tores im Wall der dritten Bauphase lässt den Schluss zu, dass die Abtrennung des Kernwerkes in der Karolingerzeit erfolgte. Da die letzte Phase nach den Grabungsbefunden relativ zeitnah nach der dritten ausgeführt wurde, wird sie ebenfalls in diese Zeit zu datieren sein. Dazu passen die wenigen Scherben aus dem großen Steingebäude, die in das 9. Jh. zu datieren sind.
Bei den Ruinen der Hünenkapelle handelt es sich um einen romantisierenden Neubau aus dem 19. Jahrhundert. Die bei den Grabungen aufgefundenen gotischen Spolien stammen vielleicht aus der Bauzeit des ursprünglichen Sakralbaus.
Literatur
D. Bérenger/ E. Treude, Die Wallburg auf dem Tönsberg bei Oerlinghausen, Kreis Lippe. Frühe Burgen in Westfalen 27 (Münster 2007).
Weiterführende Literaturauswahl
F. Hohenschwert, Ur- und frühgeschichtliche Befestigungen in Lippe. VAK 5 (Münster 1978).
H. G. Horn, Der Tönsberg bei Oerlinghausen. In: H. G. Horn/ A. Thünker, Zeitmarken/Landmarken. Bodendenkmäler in Nordrhein-Westfalen (Köln 2000) 184-187.
A. Rahns, Der Tönsberg bei Oerlinghausen. Naturschutzgebiet und Bodendenkmal. Lippische Kulturlandschaften 7 (Detmold 2007).
A. Reuter, Die Dorfschaft Oerlinghausen (Leopoldshöhe 1995).