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Karte des Amtes Lügde und seiner Grenzen, vermutl. 16. Jh. (Landesarchiv NRW, Abt. Westfalen, Karte A 8793).

Die Landwehr der Stadt Lügde

Die Landwehr der Stadt Lügde wurde überwiegend den topografischen Gegebenheiten des Pyrmonter Talkessels nach angelegt. Daher wurde sie, entgegen der allgemein üblichen Bauweise vergleichbarer Befestigungswerke, vor allem im Westen der Gemarkung in Terrassenform angelegt. Insgesamt umgab sie die Stadt mit Einbeziehung der Emmer im Norden ringförmig auf einer Länge von etwa 18 km. Von dieser Strecke sind heute noch bis zu 12 km im Gelände nachzuvollziehen.

Die Ersterwähnung der Landwehr erfolgt in einer Urkunde aus dem Jahr 1367. Es ist allerdings nicht klar, ob dieses Schriftstück den Beginn der Erbauung oder eine Erweiterung der bestehenden Anlagen angibt. Als Kontext der Errichtung ist das infolge des Pesteinbruches in Europa ab 1346 erstarkte Raubrittertum zu sehen, welches sich aufgrund der Verarmung des niederen Adels verstärkt in ländlichen Regionen ausbildete.

Die Lügder Landwehr ist momentan nicht gefährdet, da sich die erhaltenen Bereiche zumeist in unwegsamen Gelände befinden. Ganz anders gestaltete sich die Situation ab 1541, da ein Streit zwischen den Grafen von Spiegelberg-Pyrmont und dem Bischof von Paderborn über die Landwehr fast zu deren Beseitigung führte. Das Vorhaben wurde damals allerdings nur in kleineren Teilbereichen durchgeführt.

Nähere Informationen zur Landwehr

Verlauf der Landwehr

Die Südseite der Lügder Gemarkungen wurde durch ein Landwehrteilstück abgeriegelt, welches in etwa von Westnordwest nach Ostsüdost vom Appental durch das Tal der Emmer verlief und auf der anderen Talseite den Laufnacken begleitete.

Auf der Westseite der Stadt setzte die Befestigung südlich der heutigen Eschenbrucher Straße parallel zum Emmertal ein, um in ihrem weiteren Verlauf die Straße annähernd zu flankieren. Nach etwas über 1 km vollzog die Landwehr schließlich einen Knick nach Nordnordost und lief kurz nach der Querung des Eschenbaches aus. Nach einer längeren Unterbrechung setzte die Landwehr am Osterberg wieder ein, um nach Nordwesten bis zur heutigen Grenze zu Niedersachsen zu verlaufen, wo sie am Winzenberg nach Osten abknickte und nach der Sperrung der heutigen Hohenborner Straße an der Emmer endete. Der Fluss diente in der weiteren Folge als natürliche Grenze.

An der östlichen Grenze der Gemarkung Lügde ist der Landwehrverlauf bis südlich des Dallensenbachtals größtenteils nachzuzeichnen. So setzte sie nordöstlich der Stadt in der Nähe des heutigen Bahnhofs Bad Pyrmont an der Emmer wieder ein, verlief zunächst parallel der heutigen Landesgrenze zu Niedersachsen auf niedersächsischem Gebiet nach Südsüdosten, um nach kürzerer Strecke wieder nach Südwesten einzubiegen. Von dort an begleitete die Befestigungslinie in etwa die heutige Landesgrenze. Sie wich nur im Bereich des Kirchberges deutlich von dieser ab, klammerte ihn in gewisser Weise aus.

Verlauf der Landwehr von Lügde auf der Preußischen Uraufnahme (Grundlage: GeoBasis NRW 2018; Bearb.: Altertumskommission/Kopner).

Bauweise der Landwehr

Die Landwehr von Lügde wurde aufgrund des dafür geeigneten Geländes größtenteils terrassenartig angelegt und nur in Teilen als Wall-Graben-Konstruktion errichtet. Das bedeutet, dass die Erbauenden in der Regel unterhalb der oberen Ränder des Talkessels ein oder mehrere Plateaus anlegten, die das Überwinden der Hänge erschwerten oder sogar unmöglich machten. Zudem ist von dichtem Bewuchs als zusätzliches Hindernis auszugehen. Diese aufgeschütteten Terrassen wurden zumeist zusätzlich mit einem Laufhorizont ausgestattet. In den Bereichen, in dem die Befestigungslinie als Wall-Graben-Konstruktion ausgeführt wurde, wurde der Wall primär aus Steinen aufgeschüttet.

An mindestens drei Stellen der Lügder Landwehr befanden sich ehemals Warttürme, von denen aber nur einer anhand von Fundamentresten genau verortet werden kann. Er lag westlich der Stadt.

Zusätzlich sind insgesamt vier Durchlassstellen durch die Wehrlinie nachgewiesen, die, zumindest in zwei Fällen belegt, durch Schlagbäume geschützt wurden. Sie lagen allesamt an wichtigen regionalen und überregionalen Verkehrsrouten. Die wichtigste Passier- und Zollstelle lag dabei im Tal der Emmer südlich der Stadt und kontrollierte den Verkehr auf der Bremer Straße, einer bedeutenden Fernhandelsroute. Die übrigen sicherten Routen im Osten und Nordwesten von Lügde.

Der Osterberg von Osten mit vorgelagerten Landwehrterrassen. T = Standort des Wartturms (Gerking).

Zum Bewuchs einer Landwehr: Wehrhecken

Noch heute wird der Verlauf der Lügder Landwehr in großen Teilen durch eine undurchdringliche Hecke markiert, die als Erbe der ehemaligen Wehrhecken angesehen werden kann. Zudem gibt es vor allem im Nordwesten der Gemarkung Lügde auch Hinweise, dass die Landwehr in diesem Bereich durch mehrere, gestaffelt angelegte Heckenverläufe verstärkt wurde.

Besonders geeignete Gehölze für eine derartige Sicherungslinie stellen Wurzelbrüter dar. Zu diesen zählt beispielsweise der Schwarzdorn, der quasi selbstständig sehr dichtes Buschwerk bildet. Einen zusätzlichen Vorteil bilden dessen Dornen, die die Rodung der Hecken zusätzlich erschweren. Weitere verwendete Pflanzen mit ähnlichen Merkmalen sind unter anderem der Gemeine Weißdorn, die Echte Brombeere und die Heckenrose.

Zudem wurden Gehölze und Baumarten im Bereich von Landwehren angepflanzt, die sich durch einen starken Stockaustrieb auszeichnen. Ihre Äste wurden in etwa in Mannshöhe gekappt, sodass sich weitere Triebe bildeten, die dann miteinander verflochten werden konnten und somit ein ebenfalls nur schwer zu durchdringendes Hindernis darstellten. Bevorzugte Arten stellen die Hainbuche oder der Gemeine Haselstrauch dar, in Lügde fand ebenfalls der Schwarze Holunder Verwendung.

Die Wehrhecken mussten, um einen dauerhaften Schutz darzustellen, regelmäßig gepflegt werden, was mit einem nicht unerheblichen Arbeitsaufwand einherging.

Schwarzdornhecke in der Flur "Oberer Busch" östlich von Lügde (Gerking).

Literatur

W. Gerking, Die Landwehr der Stadt Lügde, Kreis Lippe. Landwehren in Westfalen 5 (Münster 2019).

Weiterführende Literaturauswahl

J. Friese, Aus der Geschichte der Stadt Lügde (Bad Pyrmont 1983).

W. Gerking, Stadtarchäologie in Lügde (Lügde 2000).

W. Gerking, Die Landwehr der Stadt Lügde. Ein archäologisch-historischer Rekonstruktionsversuch. Lippische Mitteilungen 83, 2014, 91-116.

E. Schlieker, Aus der Geschichte der Stadt Lügde (Paderborn 1968).