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Atteln, Steinkammergrab II (Günther 1979, 157).

Das Galeriegrab Lichtenau-Atteln II

Das Galeriegrab Atteln II liegt ca. 500 m westlich des Grabes Atteln I, rund 100 m vom linken Altenauufer entfernt, und ist heute obertägig nicht mehr sichtbar. In einem Bericht A. Stierens aus dem Fundjahr 1926 wird der Flurname „Huinenricke“ als Anlass aufgeführt, an dieser Stelle ein Grab zu vermuten. Im Umland war die Lage des Grabes allerdings schon vorher bekannt, da beim Ackerbau auf der Fläche immer wieder Steine entfernt werden mussten. Durch den Ackerbau wurde vermutlich auch das Kammerinnere mehrfach durchwühlt, was auch zum Verlust von Einzelfunden führte. Der Name „Huinenricke“ lässt sich in etwa mit „Hünenhecke“ übersetzen und weist darauf hin, dass das Grab zur Zeit der Benennung noch sichtbar oder zumindest seine Lage noch bekannt war.

Nähere Informationen zum Galeriegrab

Technische Daten

Mit einer Länge von 27,5 m ist das Großsteingrab von Lichtenau-Atteln II das größte der Gräber im Altenautal. Die Anlage ist 2,5-3 m breit und NW-SO orientiert. Die Kammerhöhe ist nicht rekonstruierbar, die Kammersohle liegt 0,65 m unter der heutigen Geländekante. Stellenweise ist noch das Mauerwerk zwischen den Wandsteinen erhalten. Es handelt sich um ein Grab des Typs Rimbeck. Die schmalen Enden sind mit großen Kalksteinblöcken verschlossen, der Eingang lag mittig an der südwestlichen Längsseite. Die Seitensteine eines kurzen, 1,7 m breiten Ganges wurden 1978 bei Nachuntersuchungen entdeckt, die Türkonstruktion ist allerdings nicht mehr erhalten. Als Baumaterial wurden örtlich anstehende Kalksteinplatten verwendet, die vermutlich aus derselben Entnahmestelle stammen wie das Material für Grab I.

Eine Absolutdatierung ergab eine Belegungszeit um 2900 bzw. 2800 calBC. Anhand von keramischen Funden der Trichterbecherkultur, die mittels ihrer Verzierungen in die Jahrhunderte um 3350 bis 3200 calBC datiert werden konnten, kann ein Belegungszeitraum von mindestens 500 Jahren angenommen werden.

Plan von Atteln II nach Günther 1979 (Schierhold 2012, Taf. 2).

Funde

Die 1926 geborgenen menschlichen Skelettreste wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört. Bei weiteren Untersuchungen der Anlage in den 1970er-Jahren konnten weitere Knochen geborgen und untersucht werden. Das Grab Lichtenau-Atteln II hat ebenfalls die für Gräber der Wartbergkultur typische, geringe Anzahl an Beigaben im Fundinventar. Insgesamt wurden 30 Feuerstein- und Hornsteinartefakte gefunden, darunter vier kleine Klingen und fünf Klingenfragmente. Zum Fundmaterial gehören außerdem rund 90 neolithische Keramikfragmente. Drei davon, eine Wand- und zwei Bodenscherben, waren mit für die angrenzende Trichterbecherkultur charakteristischen Tiefstichverzierungen versehen. Die restlichen Scherben sind unverziert, anhand einiger Randscherben können Gefäßformen mit trichterförmigen bis einziehenden Mündungen nachvollzogen werden. Vom Grabinventar ist außerdem ein Bärenzahnanhänger erhalten.

1 -14: Neolithische Keramik aus dem Steinkammergrab II (Günther 1979, 159).

Sonstiges

Auffällig sind die Artefakte fremder Kulturen im Großsteingrab, das der Wartbergkultur zugeschrieben wird. Unter den zuvor erwähnten Steinartefakten fanden sich keine typisch neolithischen Geräteformen. Daher wird davon ausgegangen, dass diese Funde von einer mesolithischen Besiedlung der Anhöhe stammen. Offen ist dabei, ob sie im Neolithikum wiedergefunden und als Grabbeigaben verwendet wurden, oder ob sie sich noch im Boden befanden und unbewusst ins Grab gelangten. Der Fund dreier Keramikfragmente der Trichterbecherkultur spricht dafür, dass die zeitgleichen Kulturen hier im Austausch miteinander standen. Hinweise dieser Art finden sich in vielen Gräbern der Wartbergkultur, gerade in den an die Trichterbecherkultur angrenzenden Gebieten.

Der Kammereingang von Süden (Günther 1979, 157).

Literaturverzeichnis

Eine Auswahl weiterführender Literatur:

Günther, K., Die neolithischen Steinkistengräber von Atteln, Kr. Paderborn (Westfalen). In: Germania 57 I, II (Mainz 1979) 153-161.

Schierhold, K., Studien zur hessisch-westfälischen Megalithik. Forschungsstand und -perspektiven im europäischen Kontext (=Münstersche Beiträge zur Ur- und Frühgeschichtlichen Archäologie 6) (Rahden/Westf. 2012) 251–253.